Seit einigen Wochen reißen die Schlagzeilen in der Presse nicht ab. Der Asiatische Laubholzbockkäfer oder kurz ALB ist nach Feldkirchen nun auch in Neubiberg gefunden worden. Die Verunsicherung in der Bevölkerung ist groß, besonders seit die Fällungen zur Ausrottung dieses Schädlings begonnen haben. Doch was weiß man über diesen Käfer?

Die Heimat des ALB liegt in Ostasien (China, Korea, Taiwan). Dort kommt er in Laubmischwäldern vor und tritt nicht als Schädling in Erscheinung. Erst als in seinen Herkunftsgebieten großflächig mit reinen Pappelaufforstungen begonnen wurde, konnte er sich stark vermehren und sich zum Schädling entwickeln. Zu uns nach Europa gelangte der Käfer als „blinder Passagier“ im Verpackungsholz u.a. für Natursteine, für das eben jene Pappeln verarbeitet werden. Verpackungsholz bestimmter Warengruppen muss zwar seit 2002 laut EU-Verordnung bereits im Herkunftsland gegen den ALB behandelt werden, Untersuchungen aus Österreich belegen aber, dass bei knapp 10% der ankommenden Ladungen trotz regelmäßiger Stichprobenkontrolle lebende Stadien des asiatischen Laubholzbocks gefunden werden.

In Europa findet der Käfer klimatisch günstige Bedingungen vor, auch das Nahrungsangebot scheint ihm zu behagen. In unseren Breiten bevorzugt er Ahorn, Birke, Pappel, Weide und Rosskastanie als sog. Hauptwirtsbaumarten. Der ALB ist von der EU als Quarantäneschädling eingestuft. Deshalb ist bereits der Verdacht auf ein Vorkommen den zuständigen Behörden zu melden. Wird der Käfer nachgewiesen, müssen im Umkreis von 100 Meter um den befallenen Baum alle sogenannten Hauptwirtsbaumarten gefällt werden, um das Tier auszurotten.

Insektenexperten (Entomologen) gehen allerdings davon aus, dass der Käfer sich bereits deutlich weiter ausgebreitet hat, als bisher bekannt geworden ist. Die Tatsache, dass er sowohl in Feldkirchen als auch in Neubiberg über Jahre unentdeckt blieb, stützt diese These. Da das Tier als Käfer nur 3 bis 4 Wochen lebt und seine Spuren selbst für Fachleute sehr schwer festzustellen sind, vom Laien ganz zu schweigen, kann davon ausgegangen werden, dass die bekannten Befallsgebiete nur die Spitze des Eisbergs sind. So stellt sich die Frage, ob wir nicht an dem Punkt angelangt sind, an dem eine Ausrottung durch massive Fällungen gar nicht mehr gelingen kann.

Immer mehr Menschen stellen deshalb die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Fällens zahlloser Bäume. Zu Recht: Wäre der Käfer bereits an zahlreichen Stellen in Bayern und Deutschland etabliert, sind alle Versuche, ihn wieder auszurotten, hinfällig. Gleiches gilt für den ständigen Nachschub mit befallenem Verpackungsholz. Jederzeit und überall kann der Käfer neue Bäume befallen.

Angela Burkhardt-Keller

 

Der BN fordert:

  1. Die zuständigen Behörden müssen sofort Klarheit über die tatsächliche Verbreitung des Käfers schaffen. Hierzu ist die Einrichtung einer entsprechenden „Einsatzgruppe ALB“ sowie eine angemessene finanzielle Ausstattung erforderlich. Hierzu bedarf es klarer politischer Vorgaben.
  2. Die Einfuhr von befallenem Verpackungsholz ist schnellstmöglich durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden. Die bisherige Praxis ist unzureichend.

Gelingt es nicht, diese beiden wesentlichen Fragen zeitnah zu beantworten, sollten aus Sicht des BN die derzeitigen Baumfällungen beendet und nur noch tatsächlich befallene Bäume gefällt werden.

 

Der Beitrag wurde im "Münchner Natur & Umwelt Magazin" der BUND Naturschutz Kreisgruppe München, Heft 60, veröffentlicht und kann hier auch im PDF-Format heruntergeladen werden.